Mexiko

Wie weiter? Mit dem Velo oder mit dem öffentlichen Verkehr?

Wir haben uns lange überlegt, ob wir mit den Velos durch Mexiko reisen sollen oder nicht. Auf einigen Blogs fanden wir Berichte darüber, dass Mexiko das absolut beste Land zum Velofahren war, von anderen Leuten hörten wir, dass es definitiv zu gefährlich ist. So haben wir uns dann für den Bus entschieden und in Palm Springs unsere Velos in Kartons verpackt, und zu Susy Piscone’s Bike Shop in Sint Maarten geschickt.

Weihnachten in El Salto

Nach über 48h Reise mit Zug, Bus und langen Zollformalitäten erreichen wir spät am Abend des 21. Dezembers Monterrey. Claude, den wir im Joshua Tree National Park kennengelernt haben, erwartet uns bereits und wir werden für einen Monat zusammen klettern. Sehr schnell nach unserer Ankunft in Monterrey erkennen wir, dass wir unbedingt Spanisch lernen müssen. Hier sprechen nur den wenigstens Englisch; und wir kein Spanisch, also: Learning by doing.

Unser erster Stopp ist El Salto. Die Felsen befinden sich in einem tiefen Canyon, versteckt in den Bergen hinter Monterrey. Da die Verbindungen mit dem öffentlichen Verkehr hierhin praktisch inexistent sind, kommen wir nicht darum herum, mit einem Taxi hochzufahren. Doch einmal oben angekommen, gibt es keinen Grund so schnell wieder zu gehen: es gibt eine grosse Auswahl an wunderschönen Felswänden, mehrere kleine Geschäfte im Dörfchen La Ciénega de González und gute Gesellschaft. Da Claude kein Zelt dabeihat, teilen wir uns für den kommenden Monat jeweils ein Zimmer. Bloss, dass uns im allerersten Camping ein Geräteschuppen als Zimmer verkauft worden ist: neben unserem Bett hat es einen Rasenmäher, Gartenutensilien und die Spinnen sorgen für den nötigen Mückenschutz. Die Besitzer sehen nicht ganz ein, wie man sich in dieser Unordnung nicht wohlfühlen kann, und so ziehen wir nach 3 Nächten in ein Bungalo ins «Rock Camp».

Die Tage um Weihnachten sind ausserordentlich kalt: das Wasser gefriert über Nacht regelmässig in den Leitungen, auf den Tufas bilden sich Eiszapfen und wir sind einmal mehr froh darüber, unsere Winterkleider eingepackt zu haben. Und umso mehr schätzen wir den Heiligabend am Feuer bei einem Nachtessen zusammen mit den Schweizer Kletterern Nadja, Vini und Daniel.

In El Salto klettern wir in den Sektoren Las Animas, La Sabrosa, La Boca, Tecolote Cave und La Psicodelia. In allen Sektoren finden wir Tufas, wie wir sie auch aus Griechenland kannten, doch hier sind die Felswände mit Palmen geschmückt, in den Bäumen beim Zustieg finden sich hängende Flechten. Die Nähe zu den Tropen lässt sich trotz der Kälte nicht ignorieren, und sobald die Sonne auf den Felsen scheint, ist es besser, eine Siesta einzulegen. Daher gehen wir am morgen früh zum Klettern, profitieren von der morgendlichen Kühle, zum Mittagessen gehen wir zurück zum Camping, machen Pause und kommen am späteren Nachmittag zurück zum Klettern.

Die Kletterei erfordert eine vielfältige Technik, Kraft und hin und wieder auch etwas Geduld, bis die Lösung zu dem Boulderproblemen gefunden ist. Und dann gilt es, im richtigen Zeitpunkt und mit der richtigen Temperatur einen Versuch zu wahren. Und mit den vielen hängenden Flechten ist es immer wieder auch lustig, sich zum Klettern eine grüne Perücke aufzusetzen.

Nach fast 2 Wochen in El Salto fahren wir mit Marios Taxi nach Hidalgo, wo die Mehrseillängen von El Potrero Cico auf uns warten. Bei der Fahrt durch Monterrey hätte keiner von uns mit Mario tauschen wollen: im Verkehrschaos der Stadt schlängelt er sich ohne weiteres hindurch, bemerkt versteckte Rotlichter und reagiert blitzschnell auf alle Eventualitäten. Er erzählt uns in gutem Englisch, wie die Regeln hier funktionieren, dass die Polizei Autos an Checkpoints immer wieder kontrolliert und dass es auch «falsche» Checkpoints mit «falschen» Polizisten gibt, die nur darauf aus sind, von den Leuten Geld zu erpressen. Aber man erkenne diese meist an den Schuhen: «richtige» Polizisten hätten Kampfstiefel, die «Falschen» Turnschuhe. Und dann gäbe es noch die Kartelle, aber dass sein ein noch komplizierteres Thema…

Mehrseillängen in El Potrero Cico

Am Abend des 3. Januars erreichen wir das Hostel «Finca El Caminante», wo sich Eduardo um alles kümmert, und wo die Gemeinschaftsküche mehr Utensilien hat, als so manche Küche zu Hause: Glacemaschine, professionelle Kaffeemaschine, Backofen, Mixer, … Wir sind zwar nicht zum Kochen hier, doch werden wir während den Pausetagen sehr wohl hiervon Profitieren. Und hier in Hidalgo treffen wir wieder Kayla und Marcial, gerade zurück aus Costa Rica sind und für die kommenden Wochen hier bleiben.

In El Potrero Cico (EPC) sind vor allem die Mehrseillängen interessant. Für Bertrand und Claude sticht vor allem eine Tour ins Auge: Il Sendero Luminoso, 15 Seillängen, davon die meisten im siebten Grad. Doch bevor die beiden das Projekt in Angriff nehmen, wärmen wir uns während mehreren Tagen in den umliegenden Routen auf, auch um uns mit dem Stil vertraut zu machen und die Gegend kennenzulernen. Die Qualität des Hakenmaterials lässt teilweise zu wünschen übrig; und nur weil eine Route von allen empfohlen wird, bleiben wir nicht von rostigen Haken verschont. Eine gute Portion Einschätzungsvermögen und auch die Bereitschaft mal kehrt zu machen, wenn die Einrichtung zu gruslig wird, hilft sehr gut gegen einen Sturz in die Kakteen und Palmen, die so jede Route dekorieren. Ein paar Perlen müssen wir dennoch hervorheben:

  1. Il sendero luminoso
  2. Il sendero Diablo
  3. Black Strike
  4. Off the couch

Im Prinzip herrschen im Januar optimale Temperaturen um auch in der Sonne zu klettern, aber während den 2 Wochen wo wir hier bleiben, dominiert eine Hitzewelle die Temperaturen. Folglich heisst dies, dass wir meistens vor Tagesanbruch aufbrechen, um mit etwas Glück die Route beenden, bevor die Sonne dazukommt. Und das frühe Aufstehen hat auch den Vorteil, dass wir der grossen Menge an anderen Kletterern ausweichen können, die hier ihre Weihnachtsferien verbringen. Und dank den warmen Temperaturen winkt am Nachmittag jeweils ein Besuch am Swimmingpool, kombiniert mit Tacos, Guacamole, Tamales (gefüllte Polenta-Taschen, in Maisblättern eingepackt) und bestem Kaffee.
Claude reist Mitte Januar wieder zurück in die Schweiz, um noch ein wenig Ski zu fahren, und wir gehen mit Marcial und Kayla zurück nach El Salto. Kayla hat sich auf den Platten von EPC jedoch sehr übel den Fuss verletzt, und nach einem Röntgen im Spital von Monterrey und Konsultation der Ärzte zu Hause stellt sich heraus, dass der Fuss schnellstmöglich unters Messer muss. So reisen die beiden verfrüht zurück. Wir profitieren noch ein paar Tagen von den Klettereien und können uns einer Gruppe anhängen, welche für einen Tag zur Grotta della Cumbia fährt. Diese unglaublich steile Kletterei ist eine perfekte Vorbereitung für unseren nächsten Halt: Guadalcazar.

Kartell und riesige Überhänge mit Tufas in Guadalcazar

Mit Antoine, dem Quebecois, den wir in El Salto kennengelernt haben, fahren wir Ende Januar nach Monterrey, und von hier bringt uns ein Bus Richtung San Luis Potosí. Die Ortschaft Guadalcazar liegt ungefähr 1 Stunde Fahrt nördlich von San Luis Potosí. Wir werden fürs Klettern im Camping von Aventurarte bleiben und Christian, der Patron des Campings empfiehlt uns, den Buschauffeur zu fragen, uns an der Kreuzung nach Guadalcazar aussteigen zu lassen. Wir kratzen unser nicht vorhandenes Spanisch zusammen, und verstehen gerade soviel, dass er nicht anhalten wird. Also haben wir während 7 Stunden Fahrt Zeit, uns damit abzufinden, dass wir in SLP kehren werden und sich unsere Reise um 3 Stunden verlängert. Als dann der Bus plötzlich im Nichts hält und uns der Chauffeur zum Aussteigen auffordert, sind wir umso erstaunter! Wir beten Christian, uns hier abzuholen und warten 20 Minuten neben dem Highway, irgendwo im Nirgendwo! Dass Christians Freund, der ihn begleitet, mit Übernahmen «Bandito» heisst, ist nur eine von ein paar komischen Begegnungen.

Aventurarte bietet alles, wonach uns begehrt: unglaubliche Klettereien in der Grotta San Cayetano, feine Pizza; mit Salsa Matcha und beste Gesellschaft. Dass regelmässig das Leitungswasser in der ganzen Gemeinde abgestellt wird oder das bewaffnete Kartell auf dem Dorfplatz patrouillieren, sind inmitten dieses grossartigen Ambiente nur Bagatellen. Die Grotte von San Cayetano liegt zu Fuss etwa 40 Minuten von Aventurarte entfernt. Die Höhle ist im Boden versteckt, eine Leiter führt uns ein paar Meter nach unten, bevor wir die verbleibenden 70 Meter zum tiefsten Punkt der Höhle absteigen. Hier erwartet uns ein Meer von Tufas in einem unglaublichen Überhang. Ein wahrhaftes Märchenland, wo wir fast täglich mit den anderen Kletterern in der Cueva San Cayetano verbringen.

Nach zwei Wochen in Guadalcazar, nach ausgedehnten Klettereien im Überhang, vielen Portionen Tacos und Salsa Matcha zieht es uns weiter in den Süden: wir wollen vor unserer Rückreise mit dem Segelschiffe noch Mexiko City, eine mexikanische Fastnacht und vor allem die Tempel und Affen von Palenque sehen.

The taste of Mexiko in Mexiko City und San Cristobal

Wir essen uns also durch Mexiko City, und fahren danach 14 Stunden mit dem Bus nach San Cristobal, wo wir die Carneval di Zocce miterleben, wo wir am Umzug die einzigen Touristen sind, und verbringen anschliessend eine Woche in San Cristobal selber, um zu Klettern. Hier lernen wir Martin und Sofia kennen, die hier sehr viele Routen eingerichtet und in Tuxla die erste Boulderhalle eröffnet haben. Leider kommen hier bedeutend weniger zum Klettern als geplant gewesen wäre. Das Problem hierbei ist nicht die Schwierigkeit der Routen, sondern unser Kampf gegen eine Magendarmgrippe, die in dieser Region praktisch unausweichlich ist. Doch wir haben immerhin genügend Appetit, um uns durch die unzähligen Aromen der einheimischen Schokolade zu degustieren.

 

Im Jungel von Palenque 

Von San Cristobal aus bringt uns ein Bus nach Palenque, wo wir die Tempel besuchen und eine erste Probe vom Geschrei der Affen bekommen. Am Nachmittag nach unserer Ankunft in Palenque nehmen wir ein Collectivo (ein kleiner Bus vom regionalen Verkehr) zur Maya-Siedlung im Wald von Lacandona. Wir übernachten in einem Hüttchen und früh am nächsten Morgen machen wir uns mit zwei Guides auf den Weg zur Laguna di Lacandon. Die Wanderung dauert den ganzen Vormittag, und unterwegs zeigen sie uns immer wieder diverse Pflanzen, Samen und Hölzer, welche für sie im Dorf Bestandteile der Medizin sind, als Lebensmittel dienen oder zu Schmuck verarbeitet werden. An der Lagune angekommen, fahren wir in einem selbstgebauten Kanu zur anderen Seite, wo wir unser Nachtlager aufschlagen. Wir begleiten die beiden am Nachmittag zum fischen, wo wir eine Schildkröte und verschiedene Wasservögel sehen; nur die Fische beissen nicht wirklich an.

Als es Abend wird, köchelt auf dem Feuer ein Tee mit Palla Santa (Lianen, aus welcher wir auch trinken können) und die beiden Guides gehen nochmals aufs Wasser, um ein paar Fische mehr zu fischen. Unser Nachtessen fällt einfach aber köstlich aus: Frischer Fisch auf dem Feuer in Öl gekocht, begleitet von Fladenbrot, als Nachschlag gibt’s dann noch ein paar Quesedillas. Und auch das Nachtlager wird genauso simpel: wir schlafen auf dem Waldboden, ohne Schlafsack oder Matte. Der einzige Unterschied zwischen und beiden und unseren Guides: uns beschützt ein Zelt von unliebsamen nächtlichen Besuchern. Und wirklich: am nächsten Morgen präsentieren sie uns die Schlange, welche sich zu nahe an ihren Schlafplatz gewagt hat. Ein Hieb mit der Machete hatte den Unterschied gemacht, wer am nächsten Morgen den Sonnenaufgang erlebt. Nach dem Frühstück, ebenso simpel wie das Nachtessen, fahren wir zurück über den See und laufen zurück ins Dorf. Doch unser Tag ist nach dem Glas Melonensaft noch nicht zu Ende: wir fahren weiter mit einem Collectivo nach Fronterra, ein kleines Dörfchen an der Grenze zu Guatemala. Wir erhoffen, hier endlich die lang ersehnten Affen zu sehen, doch als allererstes legen wir uns einfach im Zug des Ventilators ins Bett unter dem Fliegennetz, denn die allgegenwärtige Hitze setzt uns allmählich zu. Wir dösen ein und erwachen vom Geschrei der Affen, welche in den Bäumen am Flussufer auf Futtersuche sind. Zum Sonnenuntergang spazieren wir dem Fluss entlang und am nächsten Morgen in aller Frühe machen wir uns auf die Suche nach einer Barke, welche uns zu den Tempeln von Yaxchilán bringt. Wir verhandeln den Preis, denn zurzeit sind praktisch keine Touristen im Ort und alle Suchen nach Kunden. Wir können die Tempelanlage in aller Ruhe und in der morgendlichen Kühle bestaunen, und sobald die Hitze sich zu installieren beginnt, fahren wir zurück ins Dorf, und von hier mit dem Collective zurück nach Palenque. Wir harren die Nachmittagshitze in einem Kaffee aus, bevor uns um 18:00 Uhr der Nachtbus zurück nach Mexiko City bringt.

Während der nächtlichen Fahrt werden wir mehrere Male an den Kontrollposten geweckt, die unsere Ausweise sehen wollen. Niemand soll unerlaubt den Weg nach Norden einschlagen können. Wir erreichen die Hauptstadt mit 3 Stunden Verspätung, gehen zurück ins selbe Hotel, wo wir bereits vor 2 Wochen logiert haben und auch etwas von unserem Material deponiert haben, und nutzten den restlichen Nachmittag, um im anthropologischen Museum diejenigen der Schätze zu betrachten, welche von den Tempelanlagen in Palenque und Yaxchilán hierher gebracht worden sind.  

Jilotepec – Klettern auf vulkanischem Konglomerat

Nach einer sehr rauen Busfahrt von Mexiko City nach Jilotepec holt uns Raoul, der Besitzer vom Camping «La Burbuja» am Busbahnhof ab. Auf dem Weg zum Camping halten wir zum Mittagessen bei seiner Schwiegermutter, hohlen seinen Sohn von der Schule ab, dann wartet er auf uns vor dem Supermarkt, damit wir unsere Vorräte einkaufen können und er zeigt uns noch den familiären Bauernhof. Und dann erwartet uns eine letzte Woche Klettern in Mexiko auf einem vulkanischen Konglomerat, wo wir uns zuerst auch wieder an die Höhe gewöhnen müssen, waren wir doch 2 Wochen lang auf Meereshöhe, sind wir nun wieder auf 2’700 m. ü. M. Und es ist definitiv zu heiss um in der Sonne zu klettern!
Im Verlauf der Woche klettern wir mit Patty, Hector und Diego auf den scharfen Leisten und Löchern, immer schön im Schatten und mit Rücksicht auf die Haut auf den Fingern, die nach und nach schwindet.

Und dann ist der letzte Tag gekommen, wo wir all unser Material trocknen, putzen und schön einpacken, damit es die nächsten 45 Tage auf Reise gut übersteht. Von Jilotepec fahren wir nach Tepotzotlán, dann an den Flughafen und mit 2 Tagen Zwischenstopp in Santo Domingo erreichen wir am 14. März Sint-Marten. Und finden im Velogeschäft von Susy auch unsere Velos wieder, die wir abschliessend in die Hände der Crew der Twister übergeben. 

Kontakt: info@theotherwayaround.ch