Durch den Wilden Westen 

Wild Iris – Wind River

Wir klettern einen letzten Morgen in Wild Iris, bevor wir zwischen Gewitterzellen hindurch noch ein paar Kilometer Richtung Wind River Gebirge fahren. Wir bleiben trocken und campieren an einem Flüsschen nahe der verlassenen Stadt Atlantic City. Die Stadt war zu Goldgräberzeit haben hier gut 2000 Menschen gelebt, bis die Mienen versiegt sind. Was jetzt noch da ist, sind die ein paar restaurierte Häuser und Goldstaub in den Bächen. Wir fahren über den South Pass und verlassen den Highway, um auf einer Landstrasse dem Fuss der «Winds» zu folgen. Überall um uns herum wachsen Sagebrush – Sträuchern, (einem Strauch aus derselben Gattung wie Wermut oder Genepi, der auf sehr kargen Böden wächst) und die Landschaft ist von einer unbeschreiblichen Weite. Während wir über die unzähligen Hügel fahren, brauen sich in den Bergen grosse Gewitterwolken zusammen. Und auf den letzten 10 km Richtung Big Sandy Lake Trailhead entladen sich die Wolken über uns, inklusive Hagelsturm und Temperatursturz. Die Abkühlung hat auch die Strasse aufgeweicht und als wäre dies nicht genug, stürzen sich auch die Mücken auf uns. Als wir dann endlich den Trailhead erreichen, ruhen wir uns in der Big Sandy Lake Lodge aus, gönnen uns einen Burger und reorganisieren unser Gepäck, um noch am selben Abend bereits ein Stück Richtung «Cirque of he Towers» zu laufen. 

Cirque of the Towers

Von der Lodge laufen wir von Mücken umschwärmt entlang dem Fluss Richtung Big Sandy Lake. Nach Sonnenuntergang campieren wir im Wald und setzen den Weg am nächsten Morgen fort. Bis zum Cirque of the Towers warten noch gute 4 Stunden Rucksacktragen auf uns, hinein ins Herz dieses einsamen und abgelegenen Gebirges. Nach all den Tagen inmitten einer öden und trockenen Landschaft freut es uns umso mehr, wieder von sattem Grün und blühenden Wiesen umgeben zu sein, inmitten einer von Granitwänden geprägten Landschaft. Bevor der Rucksack unsere Füsse ganz in den Boden drückt, erreichen wir den Cirque, und um uns herum ragen massive Granittürme in den Himmel. Wir stellen unser Zelt auf eine grüne Wiese voller Blumen und treffen Bettina. Es ist Mittag und um uns herum brauen sich bereit wieder Gewitter zusammen. So geniessen wir den Nachmittag in aller Ruhe in diesem unglaublichen Ambiente. Bei Sonnenaufgang machen wir uns zu dritt auf den Weg zum Pingora. Wir klettern die Route «K-Crack», welche wir über ein Felsbandsystem und einen breiten Felsrücken erreichen. Die 4 Seillängen bieten eine einfache und landschaftlich eindrucksvolle Kletterei, vollständig im Trad (Selbstabsicherung) und nach der letzten Seillänge, dem K-Riss, steigen wir über eine Geröllhalde auf den Gipfel (3’624 m. ü. M.). Als Belohnung winkt eine unglaubliche Aussicht auf die umliegenden Türme. Die Abseilpiste führt gerade hinunter auf den Felsrücken und eine halbe Stunde später sind wir wieder zurück beim Zelt. Während dem langen, flacher Abstieg zurück zur Lodge scheint weder die Zeit noch die Kilometer zu vergehen, wobei weder  Temperaturen noch Mücken unterstützend wirken. Umso mehr freuen wir uns auf einen feinen Burger. Wir verabschieden uns von Bettina, laden wieder unsere Velos und fahren bereits einige Kilometer Richtung Jackson; weiterhin umschwärmt …

Unterwegs nach Jackson

Am 1. August fahren wir durch die weiten Sagebrush- Steppen und Kuhweiden nach Boulder. Je weiter wir hinunterfahren, desto wärmer werden die Temperaturen und am frühen Nachmittag dreht der Wind gegen uns. Angesicht des gestrigen Tages ist dies Grund genug in Boulder Stopp zu sagen und uns eine Nacht auf dem Campingplatz zu gönnen. Und wir kommen in den Genuss der ersten richtigen Dusche seit Riverton, was doch schon über zwei Wochen her ist. Am nächsten Morgen ist es windig und bewölkt, und es besteht die Chance auf Regen. Mit einem riesigen Cinnamon Roll gestärkt fahren wir heute über 100 km und haben im Hoback Canyon gerade genügend Zeit das Zelt aufzustellen, bevor sich der nächste Gewitterregen über uns ergiesst. Gegen Mittag des nächsten Tages erreichen wir das Apartment von Bradley und Hillary, einen Kontakt, den wir vor einigen Wochen geknüpft haben. 

Yellowstone National Park

Ursprünglich wäre es geplant gewesen, mit dem Velo durch den Yellowstone zu fahren. Da Bradley als Wildlifeguide oft dort unterwegs ist und den Strassenzustand und die Fahrweise der Touristen kennt, rät er uns davon ab. Stattdessen bietet er uns an, uns auf eine private Tour mitzunehmen und uns den Park zu zeigen. Wir nehmen das Angebot gerne an und brechen in der Frühe auf, um den grossen Touristenstrom so weit als möglich zu umgehen. Den ganzen Yellowstone Park in einem Tag zu besichtigen ist unmöglich, doch Brad pickt die Highlights heraus, zeigt uns die Bisonherden, welche aktuell (August) in der Brunftzeit sind, zeigt uns versteckte Raubvogelnester und wir machen auch Halt, um die CMC-Route am Mt. Moran auszukundschaften, sodass wir ein besseres Bild für die geplante Bergtour erhalten. Der Dike, welchem die Route folgt, ist ein weiterer Zeuge der vulkanischen Aktivitäten der Region, genauso wie die heissen Quellen und die Geysire. Aber wir wollen hierzu nicht allzu viel schreiben, denn die Bilder geben die Eindrücke bedeutend besser wieder.

 

Triathlon am Mt. Moran

Auf unserem Ausflug zum Yellowstone folgen zwei Regentage. Für uns eine wohlverdiente Pause und für die Landschaft ein dringend erforderlicher Schluck Wasser. So haben wir auch Zeit, die Tour auf den Mt. Moran zu planen und Brad hilft uns, Paddelboards zu organisieren. Diese packen wir auf die Velos und machen uns an einem nebligen Morgen auf den Weg zum Jenny Lake. Mit Glück erhalten wir ein Backcountry- Permit für das CAM-Camp und nun steht der Vollendung des Triathlons nichts mehr im Weg. Am Ufer des String-Lakes blasen die SUP’s auf, packen das Material darauf, und paddeln unsere allerersten Meter auf einem Stand-Up Paddel. Wir fahren über den String Lake und den Leight-Lake bis zum Couloir, welches den Aufstieg zum CMC-Camp markiert. Nachdem wir die Paddelbords versteckt haben, steigen wir die 900 m hinauf und erreichen unseren Nachtplatz mit einer unglaublichen Aussicht über die Seen und Umgebung. In der Morgendämmerung steigen wir zum Drizzelplus auf, klettert in die Scharte ab und am kurzen Seil die Felsbandsysteme die Hauptwand hoch, direkt zum Gipfel. Um halb 10 geniessen wir die Aussicht auf 3842 m. ü. M. und das Gipfelsandwich, bevor wir über denselben Weg wieder absteigen. Auf dem Abstieg kreuzen wir eine Gruppe, die zu viert am gestreckten Doppelseil klettert. Die Gruppe hat knapp die erste Seillänge geklettert, doch der Mann im Vorstieg kommt nicht mehr weiter, denn der Letzte der Gruppe steckt immer noch in der Scharte fest. Nach viel Gebrüll und dem Satz: «off rope», («vom Seil losgebunden» = schlechte Aussage) greifen sie zum richtigen Telefon und kommen zum Schluss, dass es besser ist, umzukehren. Bevor sich die Konstellation aber überhaupt in Bewegung setzt, sind wir bereits in der Scharte angekommen, und sehen, wieso die Seilschaft nicht weiterkommt: der Letzte hat genug von Allem, sitzt da und putzt sich in aller Ruhe die Zähne.
Bevor wir noch weitere Gruselgeschichten erleben, steigen wir den Drizzelplus wieder hoch, versorgen das Seil und erreichen nach einer halben Stunde unser Zelt. Wir packen zusammen, laufen die 900 m hinunter und paddeln und trampen zurück zum Jenny Lake. Ziemlich k.o. haben keinerlei Mühe einzuschlafen.
Vor dem Frühstück mischt ein Schwarzbär den so friedlichen Campingplatz auf der Suche nach Beeren auf und wir entscheiden uns, heute eine Mehrseilroute zu klettern. Hierfür paddeln wir über den Jenny Lake Richtung Hidden Falls. Als wir das andere Ufer erreichen, sehen wir einen Schwarzbären schnurgerade hinunter zum See kommen, auf der Suche nach Beeren. Wir machen Halt und können ihm währen einer guten Stunde beim Fressen und Schwimmen zusehen. Wir haben die Zeit fast vergessen und die Temperaturen sind bedeutend zu warm, als dass wir die Kühle des Sees verlassen wollen. So setzten wir unsere Seerundfahrt fort. Am Abend schnallen wir die Bords wieder auf die Velos und fahren mit dem Velo zurück nach Jackson.

The Fins

Von Jackson fahren wir über den Teton Pass nach Victor, und weiter nach Driggs und Rexburg. Wir nehmen uns Zeit, profitieren von einem Live-Konzert im Park von Victor und können bei Allen und Molly unser Zelt im Garten aufstellen. In Rexburg finden wir über Warmshowers zu Morgen und Daman, welche uns sogar ein Bett und eigenes Zimmer offerieren. Und als wir am Mud Lake campieren, bekommen wir zwei frisch gefischte Fische geschenkt. All dies gibt uns die nötige Kraft für den kräftezehrenden Aufstieg zu den Upper Fins. Von Howe folgen wir noch einige Kilometer dem Highway, bevor wir der Landstrasse in die Höhe folgen. Zu Beginn haben wir eine hübsche Erdstrasse vor uns, die sich gemütlich durch die Hügel schlängelt, doch schon bald wird diese steil und steiler, die Erde ist von losen Steinen bedeckt und bald ist sowohl die Steigung wie auch die abrutschenden Reifen nicht mehr fahrbar; oder stossbar. Wir beginnen unser Gepäck in Etappen nach oben zu tragen, doch beim Parkplatz des Sektors « Mortal Earth» ist klar, dass wir ohne Hilfe nicht weiterkommen. Wir stellen uns schon darauf ein, hier zu campieren, und so lange zu klettern, bis unsere Wasserreserven zur Neige gehen und wir weiterfahren müssen. Bevor wir aber unser Zelt aufstellen oder irgendetwas anderes tun, legen wir uns hin, warten auf den Schatten und ruhen uns aus. Und nach einem kurzen Regenschauer hören wir ein Auto die Strasse hinauffahren. Trevor nimmt uns und unser Gepäck mit, die Velos schliessen wir an einen Strommast und als wir nach einer steilen und abenteuerlichen Fahrt 2 km später auf im Wäldchen der Upper Fins ankommen, können wir es fast nicht glauben, es doch noch hinauf geschafft zu haben. Die Velos holen wir einige Tage später, und obwohl diese kein Gepäck haben, kostet es einige Anstrengung diese die 26° steile Strasse mit losen Steinen nach oben zu schieben.
Die Felsen der Fins sind senkrecht aufragende Kalkstein-Kämme, die technischen Routen sind leicht überhängend und folgen einem System von Löchern und Leisten. Nicht nur die Routen sind atemberaubend, auch die Aussicht über die schier endlosen Ebenen mit den 2 erloschenen Vulkanen im Hintergrund und die Wetterphänomene sind unglaublich. Zum Glück helfen uns unsere Campnachbarn beim Wasserholen. Da wir somit die einzige Wasserquelle weit und breit sind, zieht auch durstige Bienen an, die uns auf der Suche nach Wasser sogar bis zu den Sektoren folgen. (gut 15 min Zustiegszeit) Eine der Bienen ist so durstig, dass sie sich in Bertrands verschwitzten Kletterfinken verirrt, ohne dass er dies bemerkt. Resultat: die folgenden 3 Tage wird aufgrund des aufgeschwollenen Fusses nichts mit klettern. Nichtsdestotrotz können wir einige der Klassiker klettern: Son of Discovery, Al’s Diner, Time will Tell, Bong’s Away, etc.

Craters of the Moon und auf dem Weg nach Salt Lake City

Nach einer Nacht in Arco, mit Dusche und Wäsche waschen, brechen wir früh auf, um vor dem aufkommenden Gegenwind das National Monument «Craters of the Moon» zu erreichen. Der Name hält, was er verspricht: die Lavalandschaft, welche erst vor etwa 2000 Jahren abgekühlt ist, scheint von einem anderen Planeten zu kommen. Der Boden, die Felsen und der Sand sind schwarz, die Fliessstrukturen sind so gut erhalten, als wären sie erst gestern noch geflossen und die Steine sind so leicht wie ein Schwamm.
Die nächsten zwei Tage bis nach Twin Falls unterliegen dem Rhythmus des Windes: weht kein Wind, legen wir so viele Kilometer wie möglich zurück, wenn der konstante Gegenwind aufkommt, ist unser Velotag zu Ende. Die Ebenen Idahos auf dem Weg zur City of Rocks. Der Wind hat sich gelegt, dafür wartet eine Hitzewelle auf uns. Wir beginnen unsere Fahrt bereits bei Tagesanbruch und legen uns spätestens um 14.00 Uhr in den Schatten eines Baumes, den die Temperaturen haben bis dahin die 35°C überschritten. Die Temperaturen machen auch in der Höhe nicht halt (wir sind auf rund 2000 m. ü. M) und trotz den vielen Kletterplänen bleibt uns wenig anderes übrig, als am Morgen im Schatten zu klettern und am Nachmittag im Schatten zu liegen und zu warten, bis der Abend kühlere Temperaturen bringt.
Der Wetterbericht verspricht wenig Abkühlung für die kommenden Tage und so entscheiden wir uns, trotz unbeendeter Pläne, weiterzufahren und die heissen Tage bei Emily und James in Ogden abzuwarten. Die Aussicht auf ein Bett, eine Dusche und ein paar Pausetage im kühlen Inneren eines Hauses verleihen unsere Beinen Flügel und in 2 Tagen legen wir rund 215 km zurück. Nach einer Woche in der Region von Salt Lake und mehreren grosszügigen Gastgebern nehmen wir die letzte Stecke bis zum Maple Canyon in Angriff.  

Maple Canyon

Der Maple Canyon liegt gut versteckt in einem Seitental über den Feldern zwischen Nephi und Ephraim. Die Strasse führt zwischen Truthahnfarmen hinauf und verschwindet in einer Verengung. Dahinter warten unzählige Konglomerattürme auf uns, mit einigen verstreuten Zeltplätzen entlang der Strasse und unzähligen Klettermöglichkeiten. Auch wenn all die Steine aussehen, als könnten sie jederzeit herausfallen, sind die Kletterrouten stabil, und steil überhängend. Im Gegensatz zu den «Fins» sind die Finger hier wenig gefordert, dafür umso mehr die Arme uns die Ausdauer. Wir machen uns rasch mit dem Stil vertraut und klettern so lange die Arme halten können zwischen den Sektoren Minimum, Craggamore, Damascus Gate, Pipedream, Campound et Windshield Wiper Wall. Und mit Blättern, die Rot und Gelb und Kitschig werden, verabschieden wir uns vom Konglomerat, voller Vorfreude endlich die Wüste Utahs zu entdecken. 

Kontakt: info@theotherwayaround.ch