Alpen
Im Tirol
eine Bemerkung zu Beginn
Das Tirol ist für uns beide eine Neuentdeckung. Wir fühlen uns bei dieser Gastfreundschaft und dem reichhaltigen Essen schnell wohl. Die Kasspatzln, Schluzen und Knödel sind leider nur ein schwacher Trost für die vielen Regentage, denen wir trotzen müssen. Und dann sind da noch die Impfungen, für die wir zwei Mal zurück in die Schweiz nach St. Gallen reisen müssen. Aber eins nach dem anderen:
Imst und Muttekopfhütte
Von unserem Basecamp in Imst erreichen wir nach 15 Minuten Fahrt mit der Bergbahn und anderthalb Stunden laufen den Klettergarten bei der Muttekopfhütte. Hier finden wir coole Routen in einem löchrigen Kalkstein. Die süd-ost orientierte Wand trocknet nach Regenfällen schnell ab und ist perfekt für diese gewittrigen Tage. Das Wetter ist jedoch unbeständig und es ist nie sicher, ob sich der lange Zustieg auch lohnt, denn wenn am Morgen noch der Nebel in der Wand sitzt, heisst es warten bis der Fels trocken ist. Zum Glück gibt es in Imst eine coole Boulderhalle und eine Kletterhalle mit Aussenbereich, wo es egal ist, wie viel dass es regnet.
Ötztal
Nach einer Woche in Imst öffnet sich uns ein Schönwetterfenster und wir nutzen dieses, um das Ötztal zu erkunden. Von Imst fahren wir entlang dem Inn bis nach Ötz und dann das Tal hoch bis nach Umhausen. Auch hier stellen wir das Zelt wieder auf dem Campingplatz auf und freunden uns mit unseren Nachbarn, einer Familie aus Budapest, an. (Nochmals vielen Dank für diese wunderbaren Waffeln, zu denen ihr uns eingeladen habt! ) Von Umhausen laufen wir jeweils hoch ins Niederthai zum Klettern. Der Weg würde an sich etwa eine Stunde dauern, wir werden jedoch durchgehend von Eierschwämmen aufgehalten, welche direkt auf dem Wanderweg wachsen. Es entsteht ein regelrechtes Dilemma zwischen unserer Vorliebe für frisch gesammelte Pilze und den umwerfende Routen im Niederthai. Zum Glück ist es Juli und die Tage genügend lang für alle Wünsche. Wer zu Fuss von Umhausen ins Niederthai klettern geht, hat die Möglichkeit auf dem Rückweg einen kleinen Umweg über den Stuibenfall zu machen. Dieser imposante Wasserfall ist durchgehend zugänglich gemacht und die vielen Aussichtsplattformen erlauben spektakuläre Aussichten auf die verschiedenen Abschnitte.
Das schöne Wetter ist leider nur von kurzer Dauer und nach drei Klettertagen im Öztal fahren wir zurück nach Imst. Gerhard, der Besitzer vom Campingplatz in Imst, schmunzelt nur, als er uns wieder sieht, findet aber trotz der zunehmenden Besucherzahl noch ein schönes Plätzchen für unser Zelt. Den Rest der Woche unternehmen wir alles, damit uns keine Schwimmhäute wachsen, schreiben am Morgen jeweils im Aufenthaltsraum Berichte oder sortieren Fotos und trainieren am Nachmittag in der Boulderhalle. Um uns auch kulinarisch bei Laune zu halten haben wir unsere Küchenausstattung um eine Bratpfanne ergänzt und geniessen von nun an wieder Bratkartoffeln, Spiegeleier und Pancakes. (Alex, ça sera une raison de nous rejoindre une deuxième fois ;-)) Alles in Allem geht es uns hier bestens, doch wäre es schön, wieder öfters am Fels zu klettern.
Pitztal
Neues Schönwetterfenster, neues Kapitel: noch im Morgennebel versorgen wir unser Zelt und dürfen alles bei Gerhard im Drechselraum einlagern. Mit schweren Rucksäcken bepackt nehmen wir den Bus von Imst nach Plangeross und laufen hoch zur Rüsselheimer Hütte. Auf dem Hüttenzustieg laufen wir am Klettergarten Hexenkessel vorbei, weswegen wir eigentlich gekommen sind. Nur dass die Felswand von einem grossen Wasserfall übergossen wird, was von uns ein Alternativprogramm verlangt. Von der Hütte aus laufen wir über den Westgrat auf die Grosse Geige und über den Normalweg zurück. Dieser Gipfel mit einer Höhe von 3395 m. ü. M. ist, geographisch gesehen, der aktuelle Höhepunkt unserer Reise. Am Abend kochen wir unser Nachtessen auf dem Gaskocher und gönnen uns anschliessend noch einen Meisterwurz in der Wirtsstube. Die nächsten beiden Tage sind schön und warm. Dies hat zum Einen den Vorteil, dass der Fels im Hexenkessel trocknet, aber auch den Nachteil, dass es in dieser Südwest Wand schnell sehr warm wird. Wir flüchten uns am Nachmittag dann jeweils in den Westteil, um im Schatten der Bäume zu klettern. Am dritten Tag heizt der Hexenkessel aber doch zu stark auf und wir gehen talabwärts in der Unterwelt klettern. Wie der Name verrät, ist es hier schön schattig und kühl. Am Abend sind wir wieder zurück im Camping in Imst und verbringen hier eine letzte Nacht.
Karwendel
Nach viel hin und her und werweissen mit dem Wetterbericht entscheiden wir uns spontan, doch noch einen Abstecher ins Karwendelgebirge zu machen. Nach 55 km Velofahrt, 800 Höhenmetern und einem Wasserverbrauch von 0.375 Liter pro 100 Höhenmetern kommen wir im Karwendelcamp an und ergattern mit Glück noch ein letztes freies Plätzchen. Am kommenden Morgen brechen wir früh auf und fahren 13 km entlang der Isar zur Repswand. Hier klettern wir die 7 Seillänge der Route «Singletrail» und sind einfach fasziniert vom Panorama und der Schönheit der Route. Die Tour verläuft zuerst durch blockigen Fels, bevor sie entlang einer Rampe und einem Riss die ansonsten glatte Wand durchquert. Wir können die Route in besten Bedingungen klettern und Abseilen und werden erst auf dem Rückweg mit dem Velo von einem Regenschauer geduscht. Die anschliessende Stimmung und das Licht auf die Landschaft waren die Abkühlung auf jeden Fall wert. Für eine zweite Tour im Karwendel reicht es leider nicht mehr, die nächste Kaltfront ist schon im Anmarsch.
Zillertal
Auf dem Weg vom Karwendel ins Zillertal machen wir in Innsbruck halt und treffen im Kletterzentrum Innsbruck Lena-Marie Müller. Sie lebt und studiert seit einigen Jahren hier in Innsbruck und engagiert sich sehr für eine umweltverträgliche und autofreie Anreise zu den Klettergebieten. In diesem Sinn hat sie auch den Begriff des Ecopointclimb ins Leben gerufen. (Wer eine Route Redpoint / Rotpunkt klettert, klettert die Route frei, ohne Sturz und nur mit den vom Fels gegebenen Strukturen. Die Haken dienen dabei nur der Sicherung. Der Begriff Ecopointclimb geht einen Schritt weiter und ergänzt diese Ethik mit einer Anreise per ÖV, Velo oder zu Fuss.) Wir unterhalten uns eine Weile, erzählen mehr über unser Projekt und freuen uns, auch weiterhin unsere Erfahrungen mit ihr austauschen zu können. Am nächsten Tag fahren wir das Zillertal hoch und kommen gegen Abend in den Ewigen Jagdgründen an. Wir haben während der Fahrt hierhin wirklich fast das Gefühl, in einen andere Welt überzugehen. Das Zillertal ist bis Mayrhofen offen, grün und weitläufig. Anschliessend schlängelt sich die Strasse bis nach Ginzling durch eine enge, wilde Schlucht, die sich nur teilweise etwas weitet. Das Klettergebiet der Ewigen Jagdgründe ist eine Reihe von Monolithen, die auf dem Talgrund neben dem Fluss stehen und von grünen Wiesen umgeben sind. Es gibt für Alle genug zu klettern und egal zu welcher Tageszeit findet sich immer eine Route im Schatten oder der Sonne, je nach dem, wonach die Temperaturen verlangen. Wir klettern hier während drei Tagen und werden am Abend oft von einem Gewitterregen zurück ins Zelt getrieben. Glücklicherweise gibt es auf dem einfachen Camping bei der Kaserleralm einen Unterstand und für einen Euro können wir zwei Minuten heiss duschen. Und wie wir es uns langsam gewöhnt sind, hält das gute Wetter nur einige Tage an. Dieses Mal ist es aber nur halb so schlimm, denn wir verbringen anschliessend eine Woche mit der Familie von Arline in der Region rund um Innsbruck und fahren für die zweite Impfung zurück in die Schweiz. Mit der Rückkehr ins Zillertal kommt die Sonne mit und wir profitieren nochmals von drei coolen Klettertagen rund um die Ewigen Jagdgründe. Wir haben hier Delphine und Dilan kennengelernt, ein Pärchen aus Lausanne, mit denen wir einen Tag im Sektor Burg klettern und in Slowenien wiedersehen werden.
Rofan
Die Sportkletterrouten und Mehrseillängen im Rofan sind uns von mehreren Locals empfohlen worden. Wir verlassen das Zillertal, zur Abwechslung im Sonnenschein und schlagen das neue Basecsmp in Wiesing auf. Von hier aus kommen wir via Maurach und der Dalfatzalm zu den Klettergärten vom Streichkopf und am Steinernen Tor. Die Routen am Streichkopf verlangen jedoch eine Trockenperiode von 10 Tagen, und bereits beim Aufstieg wissen wir, dass dieser gelobte Klettergarten auf einen Besuch zu einem späteren Zeitpunkt wartet. Wir werden aber mit ausgezeichneten Routen beim Steinernen Tor getröstet und fühlen uns an diesem löchrigen Kalkfels schon fast wie in Ceüse, nur neu und mit Kühen, die zu unseren Füssen weiden und deren Glockenklang uns beim Klettern begleitet.
Hier im Rofan wäre es übertrieben, von einem Schönwetterfenster zu sprechen. Es ist auf jeden Fall einfacher, eine 9c onsight zu klettern, als eine verlässliche Wettervorhersage für den nächsten Tag zu erhalten. Und da uns der Wetterbericht und das Wetter selber an der Nase herumführen, finden wir uns am nächsten Tag statt in der geplanten Mehrseillänge, im Schwimmbad wieder.
Dieses hin und her mit dem Wetter lässt sich langsam nicht mal mehr mit Kaiserschmarren überbrücken und unsere Wunschliste von Kletterrouten hier in Österreich wird lang und länger. Das Vertrauen in die Wettervorhersagen ist auf Null gesunken und es stellt sich die Frage, ob es die Slowenen vielleicht besser können, oder aber einfach die stabilerem Wetterlagen haben. Schlimmer kann es auf jeden Fall nicht sein und so fällt der Entscheid, Österreich hinter uns zu lassen und Kurs auf Kotečnik zu nehmen.
Kontakt: info@theotherwayaround.ch